Zwischen Verantwortung und Enttäuschung – ein ehrlicher Blick auf unser Land

1995 entschied ich mich bei der Musterung bewusst für das Bundesheer – nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus Überzeugung. Ich glaubte an Österreich. An ein Land, das Sicherheit, Gerechtigkeit und Lebensqualität bietet. Ein Land, das es wert ist, verteidigt zu werden.

Diesen Idealismus habe ich auch später nicht verloren – zumindest lange nicht. 17 Jahre lang habe ich ein Unternehmen aufgebaut, Arbeitsplätze geschaffen, Lehrlinge ausgebildet, Steuern gezahlt. Ich habe mich bewusst gegen kurzfristige Einsparungen bei Personal entschieden, auch als es wirtschaftlich eng wurde. Weil ich nicht in Mitarbeiter, sondern in Menschen investiert habe.

Meine Insolvenz war kein plötzlicher Schicksalsschlag. Sie war auch Folge von Naivität, Idealismus und dem festen Glauben, dass man es mit harter Arbeit, Loyalität und Menschlichkeit doch schaffen kann. Ich hätte früher Personal abbauen können. Hätte wie viele andere auch rein betriebswirtschaftlich handeln können. Habe ich aber nicht – weil ich glaubte, dass Zusammenhalt und Einsatz belohnt werden.

Ich bereue das nicht. Ich versinke auch nicht im Selbstmitleid. Es war meine Entscheidung, Unternehmer zu sein. Aber es ist bitter zu erleben, wie wenig Auffangnetz bleibt, wenn man als Leistungsträger fällt. Und wie schnell man in der öffentlichen Wahrnehmung zum „Versager“ wird – während jene, die von Anfang an nichts beigetragen haben, oft umfassend aufgefangen werden.

99,6 % aller österreichischen Unternehmen sind KMU.
Quelle: WKO – KMU in Österreich

Diese Unternehmerinnen und Unternehmer haften persönlich, arbeiten rund um die Uhr, tragen Verantwortung – und wenn es schiefläuft, dann trifft es sie mit voller Wucht. Es gibt keine goldene Fallschirmlösung, kein komfortables Rückzugsmandat. Kein Politiker, kein Konzernmanager muss so haften wie ein Selbständiger mit zwei, fünf oder zehn Mitarbeitenden.

Ein Gefühl von Sinnlosigkeit

Heute bin ich an einem Punkt, den ich mir damals, bei der Musterung, nie hätte vorstellen können:

Selbst das tägliche Schaffen am Arbeitsplatz fühlt sich manchmal wie ein sinnloser Kraftakt an.
Nicht, weil ich keine Lust mehr habe. Sondern weil ich das Gefühl nicht loswerde, dass mein Beitrag – mein erwirtschaftetes Geld, meine Energie, meine Steuern – einfach verbrannt wird.

Ich sehe nicht, wie dieses Geld meiner Familie, meinen Nachkommen oder unserer Gesellschaft zugutekommt.
Ganz im Gegenteil: Ich sehe, wie damit ein System am Leben erhalten wird, das sich immer weiter von seinen Bürgern entfernt.

Ich sehe eine Politik, die die arbeitende Bevölkerung belastet, während gleichzeitig Strukturen erhalten werden, die kaum Nutzen stiften – oder sogar schaden.
Ich sehe eine EU, die Milliarden in Rüstungsprojekte steckt, während bei Pflege, Bildung, Pensionen und Familien gekürzt werden soll.

Die EU gab 2023 über 13 Milliarden Euro für Rüstungsprojekte aus – Tendenz steigend.
Quelle: European Defence Agency

Und ich frage mich:
Wohin führt das alles?
Wer profitiert davon – und wer zahlt die Rechnung?

Es fühlt sich manchmal an wie ein Albtraum, aus dem man nicht mehr aufwachen kann.
Ein Europa, das einmal als Friedensprojekt gedacht war, steuert heute gefährlich nahe an einen neuen Krieg heran.
Und währenddessen sollen wir „solidarisch“ sein. Weiterarbeiten. Weitermachen. Weiter zahlen.

Solidarität ist keine Einbahnstraße

Ich habe die Flüchtlingsbewegung der 1990er-Jahre miterlebt – vor allem durch den Jugoslawienkrieg. Ich erinnere mich an Diskussionen, an Ängste, an Sorgen.
Aber ich sehe heute auch: Viele der Menschen von damals sind heute Teil unserer Gesellschaft. Sie haben sich integriert, Familien gegründet, Unternehmen aufgebaut, Berufe ergriffen. In allen Schichten – ob als Ärztin, Handwerker, Lehrer oder Unternehmer.

Und wir selbst?
Wir machen heute gerne Urlaub an der Adria.
Wir genießen kroatische Gastfreundschaft, wir bringen Geld in Länder, die sich aus eigener Kraft und mit viel Fleiß wieder aufgebaut haben. Das ist ein Beispiel dafür, wie Integration und Rückkehr zur Stabilität gelingen kann – wenn beide Seiten wollen.

Das lässt sich aber nicht auf jedes Land übertragen. Afghanistan ist ein tragisches Gegenbeispiel.
Nach über 20 Jahren internationaler Militärhilfe und gewaltiger Investitionen sind dort wieder die Taliban an der Macht.

Die USA gaben laut Brown University über 2 Billionen US-Dollar für den Einsatz in Afghanistan aus.
Quelle: Costs of War – Watson Institute

Das wirft Fragen auf – auch über unsere eigenen Maßstäbe. Kann man Demokratie, Gleichberechtigung, westliche Werte einfach „überstülpen“? Oder braucht es dafür auch Bereitschaft zur Veränderung von innen?

Solidarität ist wichtig. Aber sie muss auf Gegenseitigkeit beruhen.
Wer Teil einer Gesellschaft werden will, muss sie auch mittragen wollen – und nicht nur mitnehmen.

Was ist aus diesem Land geworden?

Was mich am meisten erschüttert, ist das, was aus unserer Gesellschaft geworden ist.
Ich höre täglich, dass wir „alle sparen müssen“. Aber an wem wird gespart?
An den Kindern? Den Pflegebedürftigen? Den Patienten? Den Alleinerziehenden? Den Pensionisten?

Die Steuer- und Abgabenquote in Österreich beträgt aktuell 42,1 % – eine der höchsten in Europa.
Quelle: Statistik Austria

Und trotzdem behaupten Spitzenpolitiker seit Jahrzehnten, wir hätten kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem.

Aha. Und deshalb soll nun beim Bürger gespart werden?
Bei jenen, die jeden Tag aufstehen, schuften, Beiträge leisten?
Nicht bei der Verwaltung, nicht bei verkrusteten Strukturen, nicht bei fragwürdigen Subventionen oder überbordenden EU-Projekten?

Es wird Zeit, die richtigen Fragen zu stellen – und die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
Denn wer dieses Land und seine Werte liebt, darf nicht länger schweigen.

Ein Appell an die Vernunft – nicht an die Extreme

Ich bin nicht rechts. Ich bin nicht links. Ich bin ein Mensch, der geglaubt hat, dass Arbeit, Einsatz und Menschlichkeit etwas bewirken.
Heute weiß ich: Das System funktioniert anders.
Aber ich gebe nicht auf.

Ich schreibe diesen Artikel nicht, um zu spalten – sondern, um zum Nachdenken anzuregen.

Um zu sagen: So wie es ist, darf es nicht weitergehen.

Wir brauchen Ehrlichkeit. Wir brauchen Augenhöhe. Wir brauchen wieder den Mut, Verantwortung nicht nur einzufordern, sondern auch selbst zu übernehmen.

Und wir brauchen ein Land, das jene schützt und stärkt, die tragen – nicht nur jene, die fordern.

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