Manchmal stehen Menschen auf einer Bühne, die nur sie selbst sehen können.
Vor einigen Tagen fand ich mich in einer Situation wieder, die mehr an ein absurdes Theaterstück erinnerte als an ein alltägliches Gespräch. Der Hauptdarsteller: ein Teenager, der mit beeindruckender Überzeugung seine eigene Großartigkeit verkündete. Schön, klug, bewundert von allen – das perfekte Bild wurde gemalt, mit einer Ernsthaftigkeit, die fast bewundernswert war. Doch jedes Wort klang hohl, jede Aussage wie auswendig gelernt.
Wenige Minuten später kippte die Stimmung, und das Stück wechselte abrupt das Genre. Aus der stolzen Selbstinszenierung wurde plötzlich ein Drama. Von Feindschaften war die Rede, von einer Gruppe, die sich getrennt hatte, von Menschen, die einen angeblich hassen. Ein wahrer Monolog, der kaum Platz für eine Antwort ließ.
Ich saß da, hörte zu und konnte nicht anders, als mich zu fragen: Was treibt diesen jungen Menschen dazu, sich so darzustellen? Warum so viel Fokus auf eine Fassade, die offensichtlich nicht trägt?
Vielleicht liegt es an Unsicherheit, vielleicht an einem verzweifelten Wunsch, gesehen und anerkannt zu werden. Teenager zu sein bedeutet oft, sich selbst zu suchen, zwischen Erwartung und Realität hin- und hergerissen zu sein. Doch was ich hier sah, fühlte sich anders an. Es war nicht nur eine jugendliche Selbstfindungskrise, sondern eine skurrile Vorstellung, die ins Leere lief.
Das Paradoxe daran: So viel Aufmerksamkeit wurde eingefordert, doch sobald sie da war, schien sie nicht angenommen werden zu können. Als ob das Scheinwerferlicht zwar gewünscht, aber gleichzeitig zu grell wäre.
Warum kämpfen manche Menschen so sehr um Aufmerksamkeit, nur um sie dann abzulehnen?
Vielleicht liegt die Antwort darin, dass echte Verbindung mehr Mut erfordert als jede Inszenierung. Denn Aufmerksamkeit allein heilt keine Unsicherheit, kein Selbstzweifel, keinen Schmerz. Man kann im Mittelpunkt stehen, im Licht der Scheinwerfer – und sich dennoch völlig unsichtbar fühlen.
An diesem Tag wurde mir klar, wie wichtig es ist, jungen Menschen nicht nur Aufmerksamkeit zu schenken, sondern auch Orientierung. Ehrliche Gespräche statt leere Bestätigungen. Klare Grenzen statt endloser Toleranz.
Vielleicht braucht es weniger Applaus und mehr echte Gespräche. Weniger Monologe und mehr Dialoge. Weniger Masken und mehr Gesichter.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen mehr Mut zur Echtheit. Mehr Raum für ehrliche Fragen und echte Antworten. Und weniger Theater auf den kleinen und großen Bühnen des Alltags.



